Ansprache von Dr. Albert J. Elen, Präsident der IPH,
anlässlich der Feier zum 40. Jahrestag der Gründung der IPH,
Sonntag, den 19. September 1999 in Berlin
Liebe Freunde, liebe Kollegen
Wir feiern an diesem Morgen, Sonntag, den 19. September 1999, den 40. Jahrestag der Gründung unserer Arbeitsgemeinschaft. Dank der Gastfreundschaft des Deutschen Arbeitskreises für Papiergeschichte (DAP), des Fachausschusses Papiergeschichte des Vereins ZELLCHEMING und des Deutschen Museums für Technik dürfen wir hier in Berlin zusammenkommen, an eben dem Kalendertag, an welchem vor 40 Jahren die IPH gegründet worden ist. Aus praktischen Gründen hat die Mehrheit unserer Mitglieder es vorgezogen, in Berlin zu feiern und nicht in Bamberg, dem eigentlichen Ort der Gründung. Mein Dank geht an den Organisator der 10. Tagung des DAP, Herrn Dr. Rolf Stümpel, der es möglich gemacht hat, diese Gedenkstunde in das reich befrachtete Programm der Tagung einzufügen.
Ihnen, liebe IPH-Mitglieder, und allen Tagungsteilnehmern gilt mein Willkommensgruss. Es ist eine spezielle Freude, unter uns Henk Voorn, unseren ersten Präsidenten, jetzt Ehrenpräsident, begrüssen zu dürfen, ferner Dr. Richard Hills, unseren dritten Präsidenten, und Dr. Peter Tschudin, unseren vierten Präsidenten. Dr. Hans Kälin, der zweite Präsident und ebenfalls Ehrenpräsident, ist leider an der Teilnahme verhindert, entbietet Ihnen allen jedoch seine besten Grüsse.
Mein ganz spezieller Gruss gilt aber den Herren Dipl.Ing. Ralf Weidenmüller, Geschäftsführer des Vereins ZELLCHEMING, der lange Zeit die Arbeit der weltweit bekannten "Forschungsstelle Papiergeschichte" in Mainz und das IPH-Sekretariat unterstützt und gefördert hat, und den Vorsitzenden des ZELLCHEMING-Fachausschusses für Papiergeschichte und Wasserzeichenkunde, Herrn Dipl.Ing. Elgar Drewsen, ebenfalls den in seiner Fachkompetenz bestbekannten IPH-Freund der ersten Stunde, Herrn Professor Guido Dessauer, sowie Herrn Dipl.Ing. Alfred Renker, Sohn und Nachfolger in Zerkall unseres unvergesslichen Gründungsmitglieds Armin Renker.
Nun folgen drei Ansprachen. Herr Dr Wolfgang Schlieder, neben Henk Voorn einziges noch lebendes Gründungsmitglied, wird über die Gründung und den Aufbau der IPH sprechen. Frau Mag. Bozena Makowska, Direktorin des Papiermuseums in Duszniki Zdrój, Polen, wird Sie über die Fortschritte im Wiederaufbau der bei der Flutkatastrophe von 1998 schwer beschädigten Papiermühle informieren. Anschliessend präsentiert Frau Mag. Ursula Jennemann-Henke das Programm des 25. IPH-Kongresses des nächsten Jahres in Dortmund. Danach möchte ich mit Betrachtungen zum "Beruf" des Papierhistorikers und zur Zukunft der IPH diese Veranstaltung beschliessen.
[Ansprache von Dr.W. Schlieder, Berichte von Frau Mag. B. Makowska und Frau Mag. U. Jennemann-Henke]
Lassen Sie mich, im Anschluss an meine einleitenden Worte, den aktuellen Stand der Disziplin "Papiergeschichte" im Überblick skizzieren. Allgemein darf gesagt werden, dass sich die Papiergeschichte im Aufwind befindet. Diese 10. Arbeitstagung des DAP in Berlin, die letzte Woche in Bath zu Ende gegangene 10. Tagung der Britischen Vereinigung der Papierhistoriker (BAPH) - herzlichste Glückwünsche gehen an deren Vorsitzenden Phil Crockett und sein Team - und die erfreulichen Aussichten für unseren Kongress in Dortmund können als Beweis dienen.
Der Erfolg der nationalen Vereine der Papierhistoriker ist, speziell in England und Deutschland, sehr bemerkenswert. Die BAPH verzeichnet viele Mitglieder, besitzt eine eigene Homepage, ein Info-Bulletin und die hervorragend gestaltete Vierteljahres-Zeitschrift Quarterly, die offensichtlich mehr Beiträge zur Veröffentlichung anlockt als unsere IPH-Zeitschrift, die ständig um Artikel betteln muss. Leider finden sich in England nur wenige IPH-Mitglieder, und vielleicht ist dies ein Grund dafür, dass uns so wenig Beiträge in englischer Sprache angeboten werden. Wir werden überlegen müssen, ob es nicht möglich wäre, den Mitgliedern nationaler Vereinigungen eine Doppel-Mitgliedschaft anzubieten, um sie stärker in die IPH-Aktivitäten einzubinden.
In Deutschland liegen die Verhältnisse anders. Die IPH ist in Deutschland gegründet worden, und mehr als die Hälfte aller Mitglieder stammt aus Deutschland. Der DAP hat die Funktion einer nationalen papierhistorischen Organisation übernommen und ist mit seinen erfolgreichen jährlichen Tagungen sehr aktiv. Dazu kommen die Aktivitäten des Fachausschusses für Papiergeschichte und Wasserzeichenkunde des Vereins ZELLCHEMING, Mit-Organisator dieser Tagung in Berlin, der von Anbeginn an eine wichtige Rolle beim Auf- und Ausbau der IPH gespielt hat.
In Europa gibt es weitere nationale papierhistorische Vereinigungen. Die Schweizer Papierhistoriker (SPH) sind mit IPH eng verbunden und haben viele Mitglieder und auch zwei Präsidenten gestellt. Sie weisen die beachtliche Mitgliederzahl von 160 auf, mehr als die Hälfte der IPH-Mitgliederzahl, und sind Herausgeber einer eigenen Zeitschrift "SPH-Kontakte", die mit viel Hingabe durch den heute hier anwesenden Heiner Schmidt-Westman redigiert und grösstenteils auch verfasst wird.
Die skandinavischen Papierhistoriker sind im Föreningen Nordiska Pappershistoriker (NPH) vereinigt, der sein eigenes Mitteilungsblatt NPH Nytt publiziert. Er ist heute in unserer Mitte vertreten durch Dr. Gunnar Christie Wasberg, Oslo.
Beim Gang durch die europäische Papiergeschichts-Landschaft komme ich auf die Benelux-Staaten zu sprechen. Leider ist dort das papierhistorische Interesse heute relativ gering. Die Belgische Vereinigung der Papierhistoriker hat sich letztes Jahr aufgelöst, und in den Niederlanden ist das Fach Papiergeschichte mehr oder weniger zur Nebenbeschäftigung einiger weniger Personen geworden und wird nicht mehr als Hauptberuf betrieben seit unser Ehrenpräsident Henk Voorn, damals Kurator der Papierhistorischen Sammlungen der Königlichen Bibliothek in Den Haag, nach Vollendung seines Magnum Opus 1986 in den Ruhestand getreten ist. Die Aktivitäten konzentrieren sich auf die Themen Buntpapiere, Wasserzeichen und Restaurierung. Im nächsten Monat wird die Holländische Vereinigung der Papier- und Buchrestauratoren (VAR) ihre Jahrestagung in Rotterdam abhalten, und mehrere Referenten - die Hälfte davon IPH-Mitglieder - werden zum Thema "Papier: Identifizierung, Interpretation, Beschreibung" sprechen. Eine organisierte Arbeitsgruppe der Papierhistoriker besteht noch nicht, doch hat Dr. Henk Porck von der Königlichen Bibliothek kürzlich die Initiative zu deren Gründung ergriffen
In den anderen für die Papiergeschichte wichtigen Ländern Europas, Italien und Frankreich, weist IPH nach wie vor nur wenige Mitglieder auf, und es existieren auch keine nationalen Vereinigungen oder bedeutenden Arbeitsgruppen ausser der Pia Università dei Cartai in Fabriano. Immerhin werden gelegentlich Kongresse zu papierhistorischen Themen veranstaltet wie z.B. 1998 in Paris die vom Centre National de la Recherche Scientifique im prestigeträchtigen Institut de France durchgeführte Tagung "Papier au Moyen-Âge" (Papier im Mittelalter), an der mehrere IPH-Mitglieder, nämlich Dr. Peter Tschudin, Dr. Richard Hills, unser Ehrenmitglied und ehemaliger Vizepräsident Prof.Dr. Jean Irigoin sowie der Sprechende Vorträge hielten. Doch Beiträge für die IPH-Zeitschrift aus Frankreich und Italien fehlen weitestgehend, obwohl das letztere Land doch als die Wiege des europäischen Papiers bezeichnet werden muss.
In Spanien ist die Papiergeschichte dank den unablässigen Bemühungen unseres Mitglieds, Frau Maria del Carmen Hidalgo Brinquis, auf nationaler Ebene institutionalisiert worden. Wir sind auch eingeladen, im Jahre 2006 den IPH-Kongress in Spanien abzuhalten. Seit unserem letzten Kongress in Porto hat sich in Portugal das Interesse an der Papiergeschichte gesteigert. Es ist offensichtlich, dass wir die Aufgabe haben, das papierhistorische Interesse in den Mittelmeerländern weiter zu fördern, aber auch in den Ländern jenseits des Atlantiks, speziell in Amerika und Asien. Unsere Kongresspläne (2002 Italien, 2006 Spanien) werden, so ist zu hoffen, dazu beitragen, dieses Ziel zu erreichen.
Was Osteuropa betrifft, war Polen traditionell im Rahmen von IPH sehr aktiv, auch ohne nationale Vereinigung. Das Papiermuseum von Duszniki Zdrój ist nach der Flutkatastrophe, die eine Änderung unserer Kongressplanung notwendig machte, wieder auferstanden, und es scheint möglich, dass wir fürs Jahr 2004 oder 2008 eingeladen werden, dort zu tagen. Ein solcher IPH-Kongress dürfte der Anlass sein, Vertreter aus den benachbarten Ländern zu empfangen, in denen bisher nur einzelne Personen oder Institutionen Papiergeschichte betrieben. Die IPH kann hier neue Verbindungen schaffen, wie wir es auch in Fernost tun. Wir möchten die Verbindungen zu Papierhistorikern in China und Japan ausbauen und festigen.
Auch in den nächsten Jahren wird IPH fortfahren, die papierhistorische Forschung und entsprechende Publikationen zu fördern. Der letzte, 1998 erschienene Band unserer Reihe "Monographien" trug den Titel Paper comes to the North. Sources and trade routes of paper in the Baltic Sea region 1350-1700. Vor genau vier Monaten wurde dieses Werk als Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde unseres Mitglieds Nils J. Lindberg, Helsinki, angenommen, und wir gratulieren dem Autor zu seinem Erfolg sehr herzlich. Übrigens war Dr. Peter Tschudin Referent dieses Doktorexamens. IPH wird auch in den nächsten Jahren dessen Basler Wasserzeichen-Erfassungsprojekt unterstützen.
Nun komme ich auf das wohl wichtigste Werkzeug zu sprechen um das weltweite Interesse an der Papiergeschichte zu wecken: unsere Homepage im Internet. Der internationale Trend, Informationsbeschaffung und Kommunikation vorwiegend mittels des Internet zu betreiben, hat sich bestätigt. Dieses ist schnell, einfach zu bedienen und für jedermann überall zugänglich. "Von der Papier-Welt zur Cyber-Welt" wird der IPH-Wahlspruch für den Einstieg ins neue Jahrtausend lauten. Dieses immer wichtigere Medium gibt uns das Mittel in die Hand, um auf aktivere Weise mehr Leute an der Papiergeschichte und der Tätigkeit unserer Arbeitsgemeinschaft teilnehmen zu lassen. Unsere Homepage ist dynamisch und steht weit oben in der Rangliste der bedeutendsten Suchmaschinen. Dies bedeutet, dass sie schon jetzt für viele Leute, die sich für die Herstellung und die Anwendung von Papier einst und jetzt interessieren, eine der wichtigsten Einstiegsmöglichkeiten in das Thema darstellt.
Der diesjährige Start unserer Homepage unter der neuen, aussagekräftigen Adresse www.paperhistory.org hat überraschende Resultate erbracht:
Unter anderem bietet unsere Homepage neu:
Dank dieser Homepage ist IPH in der Lage, viel mehr Leute anzusprechen als dies mit unserer Zeitschrift möglich wäre, die der Öffentlichkeit nur in einigen wenigen Bibliotheken zugänglich und ausserhalb unseres Mitgliederkreises nur wenigen bekannt ist. Die Homepage wird eine immer bedeutendere Rolle in der Tätigkeit unserer Vereinigung spielen, auch wenn mir bewusst ist, dass es noch viele Mitglieder gibt, die keinen Zugang zum Internet besitzen. Deren Zahl dürfte sich aber in den nächsten Jahren verringern, weil doch einige sich entschliessen werden, einen PC zu kaufen und sich ins Internet einzuschalten. Wie dem auch sei, vorderhand kann die Homepage unsere Zeitschrift nicht ersetzen, die ab Ausgabe 1/2000 denselben Namen wie unsere Homepage, nämlich Paper History, tragen wird.
Ich freue mich, mit Ihnen zusammen unsere Arbeitsgemeinschaft ins nächste Jahrhundert, ja Jahrtausend zu geleiten, und ich gebe meiner Überzeugung Ausdruck, dass wir in zehn Jahren den 50. Jahrestag der Gründung der IPH mit dem Rückblick auf eine sehr erfolgreiche fünfte Dekade feiern werden.
Meine herzlichen Glückwünsche zum heutigen Gedenktag gehen an Sie alle!